
Ich hab´s erlebt
Rassismus-Erfahrungen
Im Rahmen einer online anonymen Umfrage sammelte die Stabsstelle Inklusion und Integration der Stadt Ludwigsburg Beiträge von Menschen, die in ihrem Alltag Rassismus erfahren haben. Hier finden Sie die erste Sammlung dieser Erfahrungen.
Wie haben Sie sich dabei gefühlt und welche Auswirkungen hatte das Erlebnis für Sie?
Die in einen Witz verpackte Erniedrigung hat mich sprachlos gemacht.
Wo haben Sie diese Erfahrung gemacht? (z. B. Arbeitsplatz, Schule, öffentlicher Raum, Behördengang, Bus)
Am Arbeitsplatz und öffentlichen Raum.
In welchem Jahr oder Zeitraum fand die Erfahrung statt?
Ich lebe seit 35 Jahren in Deutschland und erlebe immer wieder alltäglichen Rassismus.
Haben Sie in der Situation Unterstützung erfahren? Wenn ja, von wem oder auf welche Weise?
Sowohl von Kollegen als auch von Familienmitgliedern.
Was hätten Sie sich in dieser Situation gewünscht?
Ich hätte mir gewünscht, dass die Deutschen mehr aus ihrer schwierigen Vergangenheit lernen und sich entschiedener gegen jeglichen Rassismus stellen.
Welche Veränderungen in Ludwigsburg oder allgemein in der Gesellschaft wünschen Sie sich, um solche Erfahrungen zu vermeiden?
Es gibt gute und schlechte Menschen. Niemand sollte aufgrund seiner Herkunft, Hautfarbe oder religiösen Zugehörigkeit kollektiv verurteilt werden – auch nicht eingewanderte Menschen.
Ich bin Schulsozialarbeiterin und es kommen immer wieder Schüler*innen zu mir, die mir besonders von einem bestimmten Lehrer erzählen. Dieser würde sie massiv „fertig machen“, rassistische und sexistische Kommentare abgeben. Die Schülerinnen berichten mir, dass vor allem Schüler*innen mit offensichtlich Migrationshintergrund von diesem Lehrer angegangen werden. Die dürfen dann Kommentare hören wie „Welche Regale wirst du nach der Schule einräumen?“ oder wenn ein männlicher Schüler mit Migrationshintergrund in der Schule fehlt werden solche Aussagen wie „Ist XY krank oder sitzt er im Knast?“. Es sind zu viele Aussagen, dass ich sie gar nicht hier alle schreiben kann. Neben diesem besagten Lehrer, gibt es auch noch andere Lehrkräfte, die immer grenzüberschreitende Aussagen treffen. Auch hat mir eine Lehrerin mal ein Foto gezeigt, das sie von einer Schülerin gemacht hatte, die nach den Ferien verschleiert in die Schule kam mit der Aussage „Guck mal wie schrecklich, dass sie sich jetzt verschleiert.“
Wie haben Sie sich dabei gefühlt und welche Auswirkungen hatte das Erlebnis für Sie?
Ich fühle mich hilflos, weil ich zwar die Fälle an die Schulleitung weitergebe, aber dadurch, dass Lehrkräfte den Beamtenstatus genießen, es sehr lange dauert und viel passieren muss, bis es Konsequenzen gibt. Natürlich gab es schon mit dem besagten Lehrer Gespräche von Seiten der Schulleitung und auch das Schulamt wurde bereits mehrmals informiert. Dennoch tut sich nichts. Er macht weiter und zerstört den Selbstwert der Schüler*innen, den ich versuche wieder zusammenzuflicken.
Wo haben Sie diese Erfahrung gemacht? (z. B. Arbeitsplatz, Schule, öffentlicher Raum, Behördengang, Bus)
Schule.
In welchem Jahr oder Zeitraum fand die Erfahrung statt?
Seit dem ich dort arbeite (5 Jahre).
Haben Sie in der Situation Unterstützung erfahren? Wenn ja, von wem oder auf welche Weise?
Ja, von der Schulleitung, der aber auch teilweise die Hände gebunden ist.
Was hätten Sie sich in dieser Situation gewünscht?
Ich hätte mir gewünscht, dass es wie bei jeder gängigen Arbeitsstelle eine Abmahnung gibt und wenn sich die Situation nicht besser die Person die Arbeitsstelle verlassen muss.
Welche Veränderungen in Ludwigsburg oder allgemein in der Gesellschaft wünschen Sie sich, um solche Erfahrungen zu vermeiden?
Ich wünsche mir, dass es eine größere Handhabe gegenüber verbeamteten Lehrer*innen gibt. Die besagten Lehrer*innen ruhen sich darauf aus, dass ihre Arbeitsstelle sicher ist, egal wie sie sich benehmen und mit Schutzbefohlenen umgehen. Ich finde es auch wichtig, dass wir bei verbaler Gewalt genau so hinschauen wie bei körperlicher oder sexualer Gewalt.
Wie haben Sie sich dabei gefühlt und welche Auswirkungen hatte das Erlebnis für Sie?
Unverständnis und Kopfschütteln, Überlegungen, ob die Bekannte wirklich eine „Bekannte“ ist.
Wo haben Sie diese Erfahrung gemacht? (z. B. Arbeitsplatz, Schule, öffentlicher Raum, Behördengang, Bus)
Arbeitsplatz.
In welchem Jahr oder Zeitraum fand die Erfahrung statt?
2024.
Haben Sie in der Situation Unterstützung erfahren? Wenn ja, von wem oder auf welche Weise?
Ja, von Kollegen in Gespräch.
Welche Veränderungen in Ludwigsburg oder allgemein in der Gesellschaft wünschen Sie sich, um solche Erfahrungen zu vermeiden?
Mehr Toleranz und Großzügigkeit von allen Beteiligten.
Meine Mutter ist mit 4 Jahren nach Deutschland gekommen hat hier ihren Schulabschluss und ihre Ausbildung gemacht. Ich denke das die ältere Dame gedacht hat das Sie kein Deutsch spricht aber meine Mutter spricht perfekt deutsch.
Wie haben Sie sich dabei gefühlt und welche Auswirkungen hatte das Erlebnis für Sie?
Ich fühle mich in Deutschland zuhause. Das ist mein Land. Aber wenn solche Aussagen kommen, denke ich an das Wir-Gefühl und das ist dann negativ.
Wo haben Sie diese Erfahrung gemacht? (z. B. Arbeitsplatz, Schule, öffentlicher Raum, Behördengang, Bus)
Einkaufen, Auto fahren.
In welchem Jahr oder Zeitraum fand die Erfahrung statt?
2024.
Haben Sie in der Situation Unterstützung erfahren? Wenn ja, von wem oder auf welche Weise?
Nein.
Was hätten Sie sich in dieser Situation gewünscht?
Das man nicht alle Ausländer unter einen Hut schieben soll.
Ich sehe mich nicht als Migrant. Ich bin hier geboren hier aufgewachsen mit der Deutschen Kultur. Ich verhalte mich auch so, gehe zur Veranstaltung auch wenn es nicht meine Religion ist. Mache ich mit Respekt mit auch in der Schule von meinem Kind.
Welche Veränderungen in Ludwigsburg oder allgemein in der Gesellschaft wünschen Sie sich, um solche Erfahrungen zu vermeiden?
Politik.
Wie haben Sie sich dabei gefühlt und welche Auswirkungen hatte das Erlebnis für Sie?
Es war alles dabei: Angst, Wut, Unsicherheit, Traurigkeit.
Wo haben Sie diese Erfahrung gemacht? (z. B. Arbeitsplatz, Schule, öffentlicher Raum, Behördengang, Bus)
Vor der Kinderarzt Praxis , auf dem Weg nach Hause mit Fieber.
In welchem Jahr oder Zeitraum fand die Erfahrung statt?
2023.
Haben Sie in der Situation Unterstützung erfahren? Wenn ja, von wem oder auf welche Weise?
Mein Mann und die Polizei sind gekommen, wurde aber natürlich fallen gelassen das ganze und es ist überhaupt nichts passiert für den Täter.
Was hätten Sie sich in dieser Situation gewünscht?
Alles was dazu geführt hätte das er sich wenigstens etwas Gedanken macht oder schuldig fühlt . Aber dadurch das es keinerlei Konsequenzen für ihn hatte fühlt er sich sicher bestärkt in seiner Meinung.
Welche Veränderungen in Ludwigsburg oder allgemein in der Gesellschaft wünschen Sie sich, um solche Erfahrungen zu vermeiden?
Mehr Nächstenliebe, mehr Sicherheit und Konsequenzen für solches Verhalten, vor allem wenn Kinder mit involviert sind.
Ich schildere hier eigene Erfahrungen und die meiner Frau, sie stammt aus Kenia. Außerdem gehe ich auf die Erlebnisse meiner Nachbarn ein, sie stammen aus dem Sudan.
Zu meiner Frau:
– Es gibt tatsächlich Menschen, die wechseln die Straßenseite, wenn sie ihr Frau begegnen.
– In Behörden versuchen die Angestellten entweder mit gebrochenem Deutsch oder teilweise in Englisch mit meiner Frau zu sprechen. Meine Frau spricht perfekt Deutsch! Sie hat zwei Berufsausbildungen abgeschlossen, die hat einen Führerschein auf deutsch erworben.
– In Läden, wenn durch einen beliebigen Kunden die Alarmanlage ausgelöst wird, ist es meiner Frau auf die die Augen zuerst gerichtet werden.
– Es gibt Bäckereien, die wollten sie gar nicht bedienen, nennen möchte diese hier nicht.
Busfahrer öffneten ihr an der Haltestelle die Tür nicht, sie stand dort mit dem Kinderwagen – so etwas ist nicht nachvollziehbar.
– Warum wird nur bei meiner Frau im Supermarkt die Tasche kontrolliert? Sie tun das bei kaum jemanden, bei ihr ständig, obwohl sie seit Jahren dort einkauft!
– Sie arbeitete bei einem Zahnarzt, dort gab es tatsächlich Patienten, die nicht von ihr behandelt werden wollten.
Nachbarn, die wir eingeladen hatten, um vor einigen Jahren den Geburtstag unsere Tochter mit ihnen zu feiern, redeten in unserem Haus von „Negern“ – sie sollten wissen, dass dieser Begriff abfällig ist.
Eigene Erfahrungen:
– Ein Ortsbekannter Rechtsradikaler bedrohte mich, er wollte mich umbringen! Mehr als eine Anzeige nahm die Polizei nicht auf, der Typ lief jahrelang rum schikanierte die Menschen, die seiner Nase nicht passten.
– Siehe oben: Die Nachbarn, die von „Negern“ erzählen…
– Einmal fragte mich eine Bekannte, unsere Tochter war erst wenige Monate alt: „Ist aber noch ein wenig hell, oder?“ Was soll diese dämliche Frage? Die nächste: „Aber so dunkel wie die Mutter muss sie ja auch nicht werden.“ Das macht es nicht besser!
Erfahrungen unserer Nachbarn aus dem Sudan:
– Gleicher Rechtsradikaler von oben, der mir schon nachstellte, stellte den Kindern unserer Nachbarn nach. Er hatte sie gesehen und lief ihnen nach: „Ich kriege euch, ihr Neger!“ Für die Polizei war das kein Anlass zu handeln, es war ja nichts weiter passiert. Unglaublich! Ein Nazi beschimpft Kinder und die Polizei unternimmt – nichts!
– Wir waren mit unseren Nachbarn einmal unterwegs, es gibt Menschen, die lachen dunkelhäutige Mädchen aus. Was macht das wohl mit einem Kind?
Wie haben Sie sich dabei gefühlt und welche Auswirkungen hatte das Erlebnis für Sie?
In solchen Situationen fühlt man sich minderwertig, obwohl man das gar nicht ist! Kinder überlegen, ob es besser wäre hellhäutig zu sein… Zumindest für mich und meine Frau gilt es stärker aus solchen Situationen herauszugehen, zu überlegen, wie man reagieren kann und solchem Unsinn entgegentritt. Man muss immer reagieren und darf auf keinen Fall einstecken, man muss immer austeilen, auch wenn es manchmal sehr schwierig ist.
Wo haben Sie diese Erfahrung gemacht? (z. B. Arbeitsplatz, Schule, öffentlicher Raum, Behördengang, Bus)
Diese Erfahrungen haben wir im öffentlichen Raum, in Bussen, bei Behörden und am Arbeitsplatz gemacht.
In welchem Jahr oder Zeitraum fand die Erfahrung statt?
Seit 2010 bis heute, seit meine Frau nach Deutschland gekommen ist, macht sie fast täglich derartige Erfahrungen.
Haben Sie in der Situation Unterstützung erfahren? Wenn ja, von wem oder auf welche Weise?
Teilweise gab es sehr engagierte Menschen, wenn es um Alarmanlagen in Geschäften ging. Sie nahmen meine Frau sofort in Schutz: „Nein, sie war das nicht!“ Das ist toll und davon brauchen wir viel mehr!
Was hätten Sie sich in dieser Situation gewünscht?
Wenn man Rassismus erfährt, wünscht man sich, dies wäre einem erspart geblieben. Manchmal wünscht man sich auch, dass Rassisten ähnliche Erfahrungen machen. Rassismus ist leider tief in der Gesellschaft verankert, er dort aber keinen Platz mehr finden.
Welche Veränderungen in Ludwigsburg oder allgemein in der Gesellschaft wünschen Sie sich, um solche Erfahrungen zu vermeiden?
Ein stärkeres Bewusstsein muss eintreten. Wir brauchen Toleranz und Akzeptanz. Die Deutschen wollen nicht in Pflegeberufen arbeiten. Keiner der Deutschen will bei der Müllabfuhr auch nur einen Finger krumm machen. Im Handwerk möchte auch kein Deutscher mehr seine „Brötchen verdienen“ müssen. Die Frage stellt sich: Wo soll das enden? Wenn diese Arbeiten bald von niemanden mehr erledigt werden, dann macht es auch keinen Sinn mehr über Wirtschaftsleitung und Weltspitze nachzudenken. Wir brauchen diese Menschen und wir müssen ihnen das Gefühl geben, dass sie hier willkommen sind. Stelle man sich vor, wie teilweise mit Flüchtlingen umgegangen wird – das macht mich nur traurig, denn ich weiß, dass wir Deutschen mehr können als uns selbst ein Armutszeugnis ausstellen. Versuchen wir uns umgekehrt vorzustellen, dass wir vertrieben werden und in anderen Ländern um Asyl bitten müssen – so abwegig ist das nicht einmal. Was würden wir uns wünschen? Sicher, dass man uns aufnimmt und unterstützt – uns willkommen heißt! Ja, das muss sich in der Gesellschaft grundlegend ändern! Auch soll bei Rassismus nicht weggesehen werden, hinschauen und helfen!
Mein Sohn lernte schon früh sich dies bezüglich wehren zu dürfen. Er holte sich eine Lehrerin zur Hilfe. Erklärte den Vorfall und benannte es als Rassismus. Die Lehrerin erklärte ihm dies sei kein Rassismus, in Grundschulen würden Kinder davon noch nichts wissen und daher sei es kein Rassismus.
Wie haben Sie sich dabei gefühlt und welche Auswirkungen hatte das Erlebnis für Sie?
Mein Sohn war aufgebracht, dass die Lehrerin dies zu ihm sagte. Fast schon mehr als die über die Aussage des Kindes. Ich war wütend und traurig. Traurig mit solchen Aussagen konfrontiert wurde aber wütend über die Lehrerin welche seine Erfahrung klein redete und versuchte zu entkräftigen.
Wo haben Sie diese Erfahrung gemacht? (z. B. Arbeitsplatz, Schule, öffentlicher Raum, Behördengang, Bus)
In der Grundschule.
In welchem Jahr oder Zeitraum fand die Erfahrung statt?
2024.
Haben Sie in der Situation Unterstützung erfahren? Wenn ja, von wem oder auf welche Weise?
Von mir selbst, ich engagiere mich zum Thema Rassismus, bilde mich weiter.
Was hätten Sie sich in dieser Situation gewünscht?
Unterstützung für mein Kind und aufgeklärte Lehrer.
Welche Veränderungen in Ludwigsburg oder allgemein in der Gesellschaft wünschen Sie sich, um solche Erfahrungen zu vermeiden?
Mehr Angebote, ein Leitbild für Kitas und Schulen denn bei den kleinen fängt es an. Mehr Aufklärungsarbeit, nicht nur eine Woche im Jahr.
Ich kann Ihnen allgemein schildern, was ich in unterschiedlichen Situationen schon gehört habe. Bei Unterhaltungen z.B. in der Bahn, wenn sich Menschen unterhalten, die andere Wurzeln haben (türkisch, italienisch oder sonstige). Oftmals ist es so, dass gesagt wird: Dass die Deutschen keine Ausländer wollen oder gegen Ausländer sind oder sogar rassistisch.
Wie haben Sie sich dabei gefühlt und welche Auswirkungen hatte das Erlebnis für Sie?
Letztendlich geht es mir dann, wie vermutlich den Menschen, die tatsächlich rassistisch behandelt wurden. Ich verstehe diese Unterstellungen nicht, dass Deutsche per se rassistisch sein sollen oder etwas gegen Ausländer haben sollen.
Wo haben Sie diese Erfahrung gemacht? (z. B. Arbeitsplatz, Schule, öffentlicher Raum, Behördengang, Bus)
Diese Erfahrung mache ich sehr oft. Weil ich diese Menschen überall reden höre im öffentlichen Raum/Bahn/Bus/auf der Straße/am Bahnhof usw. Mir selbst wurde es nicht direkt vorgeworfen. Dazu gäbe es auch keinen Anlass.
In welchem Jahr oder Zeitraum fand die Erfahrung statt?
Die Erfahrung zieht sich durch mein halbes Leben – bestimmt über 25 Jahre.
Haben Sie in der Situation Unterstützung erfahren? Wenn ja, von wem oder auf welche Weise?
Nein.
Welche Veränderungen in Ludwigsburg oder allgemein in der Gesellschaft wünschen Sie sich, um solche Erfahrungen zu vermeiden?
Ich wünsche mir, dass sich die Menschen bewusst werden, dass solche Vorwürfe man (die Deutschen) seien rassistisch – ebenfalls rassistisch ist.
Ich bin auf dem Weg nach Hause. Am Bahnhof ist wie immer um die Zeit viel los. Es ist laut, manche haben es eilig. Ich gehe in die Unterführung und sehe wie zwei Männer auf den Stufen sitzen und arabische Musik hören. Es stört mich, ich muss um sie herum gehen. Normalerweise würde ich darum bitten, die Musik leiser zu stellen, aber heute habe ich keine Geduld für eine Auseinandersetzung. Plötzlich höre ich, wie eine Frau laut schreit. Ich drehe mich um. Sie schreit die sitzenden Männer an. „Lumpiges Pack, so ein Gesocks seid ihr *** Ihr dürft da nicht sitzen, ihr solltet überhaupt nicht da sein“. Ich erschrecke und entscheide einzugreifen.
Ich spreche die Frau an. Was das denn soll. Man kann doch auch höflich darauf hinweisen, dass man auf den Stufen nicht sitzen darf.
Da brauche man doch niemanden mit Gesocks zu beschimpfen.
Die Frau dreht sich zu mir und ist sehr aufgebracht. „Ihr steckt doch alle zusammen so Leute wie ihr, ihr seid doch alle dieselben.“ Sie mustert mich von oben bis unten.
Ich sehe sie an. Ich frage sie „Was meinen Sie mit: ’so Leute wie Ihr‘?“
Ich habe das Gefühl, dass sie realisiert, was sie da eben formuliert hat. „Na … Ihr … also, ihr Männer halt …“
Es ist nicht das erste Mal, dass mir jemand wegen meines Aussehens etwas unterstellt. Ich sage ihr, dass ich mir ihren Rassismus nicht gefallen lasse.
Sie erschrickt. „Das ist doch kein Rassismus. Sie haben doch keine Ahnung. Lesen Sie doch mal im Internet.“ und läuft zeternd davon.
Ich merke, dass ich angespannt bin und setze meine Kopfhörer auf. Ich brauche Ablenkung. Später werde ich mit jemandem darüber sprechen müssen.
Wie haben Sie sich dabei gefühlt und welche Auswirkungen hatte das Erlebnis für Sie?
Ich war aufgebracht. Ich merke, dass ich mich für das Verhalten von anderen verantwortlich fühle, die wie ich migrantisch aussehen.
Wo haben Sie diese Erfahrung gemacht? (z. B. Arbeitsplatz, Schule, öffentlicher Raum, Behördengang, Bus)
Diese Erfahrung mache ich sehr oft. Weil ich diese Menschen überall reden höre im öffentlichen Raum/Bahn/Bus/auf der Straße/am Bahnhof usw. Mir selbst wurde es nicht direkt vorgeworfen. Dazu gäbe es auch keinen Anlass.
In welchem Jahr oder Zeitraum fand die Erfahrung statt?
Am Bahnhof in Ludwigsburg
Haben Sie in der Situation Unterstützung erfahren? Wenn ja, von wem oder auf welche Weise?
Nein.
Was hätten Sie sich in dieser Situation gewünscht?
Ich hätte mir von der Frau eine Entschuldigung gewünscht.
Welche Veränderungen in Ludwigsburg oder allgemein in der Gesellschaft wünschen Sie sich, um solche Erfahrungen zu vermeiden?
Ich wünsche mir, dass die Kriminalisierung von anders aussehenden Menschen aufhört. Ich wünsche mir, dass die Presse und die Politik aufhört mit dem Bild, dass ausländisch aussehende Menschen nicht zu Deutschland passen und nur Probleme machen.
In dieser Nacht stand ich ganz alleine in der Stadt an einer Bushaltestelle. Auf der gegen überliegenden Straßenseite fuhr ein Polizeiauto vorbei, verlangsamte, wendete. Das war für mich normal: ich habe einen dunklen Teint und dunkle Haare, werde als „nicht-deutsch“ wahrgenommen. Zwei Polizisten stiegen aus, zogen sich Handschuhe an: Ausweiskontrolle und Abtasten auf Drogen. Kein Problem. Ich holte meinen Ausweis raus. Erst wenige Tag vorher hatte ich meinen deutschen Personalausweis bekommen. Die Polizisten schauten den Ausweis nicht mal mehr groß an, zogen ihre Handschuhe aus und wünschten mir noch einen schönen Abend.
Wie haben Sie sich dabei gefühlt und welche Auswirkungen hatte das Erlebnis für Sie?
Erst mit diesem Erlebnis wurde mir bewusst, dass ich die ganze Zeit rassistisch behandelt worden war.
Kontrollen gehörten zu meinem Alltag. Auch im Bus und in der S-Bahn. Es wurde mir immer wieder gesagt, ich würde schwarz fahren. Das, obwohl meine Paten-Eltern das Abo bezahlt hatten.
Wo haben Sie diese Erfahrung gemacht? (z. B. Arbeitsplatz, Schule, öffentlicher Raum, Behördengang, Bus)
Öffentlicher Raum.
In welchem Jahr oder Zeitraum fand die Erfahrung statt?
2019.
Haben Sie in der Situation Unterstützung erfahren? Wenn ja, von wem oder auf welche Weise?
Es war niemand anderes vor Ort. Die Reflektion erfolgte im Gespräch mit meinen Pateneltern. Mein Bericht löste großes Entsetzen aus und damit bei mir die Wahrnehmung, dass das, was ich bisher als normal erlebt hatte, nicht akzeptabel ist.
Was hätten Sie sich in dieser Situation gewünscht?
Dass auch die Polizei reflektiert und feststellt, dass Kontrollen nicht mit dem Aussehen begründet sein dürfen. Vielleicht ist das ja im Nachhinein passiert.
Welche Veränderungen in Ludwigsburg oder allgemein in der Gesellschaft wünschen Sie sich, um solche Erfahrungen zu vermeiden?
Ich fände es wichtig, dass die Menschen nicht über ihr Aussehen oder ihre Herkunft bewertet werden. Wichtig ist mir, dass Jeder seinen Beitrag zur Gesellschaft und zum Zusammenleben beiträgt. Jeder ist ein Mensch und sollte so gesehen werden.
Ich bin Erzieher im Kindergarten, aufgrund meines Aussehens wurde bzw. werde ich von Besucher*innen außerhalb der Kita fast immer nicht als Erzieher angesehen d.h. öfter werde ich entweder als Reinigungskraft, Handwerker oder zur etwas zugeordnet was leider gesellschaftlich stereotype als „Ausländer“, welcher nicht pädagogische Fachkraft sein kann!
Wie haben Sie sich dabei gefühlt und welche Auswirkungen hatte das Erlebnis für Sie?
Ausgegrenzt und egal, was ich in meinem Alltag von pädagogischer Arbeit leiste, zählt am Ende des Tages nichts.
Wo haben Sie diese Erfahrung gemacht? (z. B. Arbeitsplatz, Schule, öffentlicher Raum, Behördengang, Bus)
Arbeitsplatz, öffentlicher Raum, Behörden besonders Ausländerbehörde.
In welchem Jahr oder Zeitraum fand die Erfahrung statt?
Es ist leider nicht nur eine Erfahrung, es ist „Alltagsrassismus“, seitdem ich in Deutschland bin (9 Jahre).
Haben Sie in der Situation Unterstützung erfahren? Wenn ja, von wem oder auf welche Weise?
Ja, von meinem Freunde*innenkreis bzw. Arbeitskollege*innen
Was hätten Sie sich in dieser Situation gewünscht?
Verständnis, Empathie.
Welche Veränderungen in Ludwigsburg oder allgemein in der Gesellschaft wünschen Sie sich, um solche Erfahrungen zu vermeiden?
Dass nicht immer verallgemeinert wird, wenn was schlimmes passiert und dass die Menschen endlich mal aufhören den Nazis eine Bühne zu geben, weil „so hat es damals auch angefangen“- Margot Friedländer (Holocaust Überlebende).
Wie haben Sie sich dabei gefühlt und welche Auswirkungen hatte das Erlebnis für Sie?
Die Kollegin hatte Angst um ihren Arbeitsplatz und ging der Anweisung nach, obwohl ich ihr Mut zugesprochen habe, es nicht zu tun und dies kein Kündigungsgrund ist.
Wo haben Sie diese Erfahrung gemacht? (z. B. Arbeitsplatz, Schule, öffentlicher Raum, Behördengang, Bus)
Arbeitsplatz.
In welchem Jahr oder Zeitraum fand die Erfahrung statt?
2020.
Haben Sie in der Situation Unterstützung erfahren? Wenn ja, von wem oder auf welche Weise?
Nein, leider nicht. Alle anderen Kollegen meinten es wäre wohl besser so.
Was hätten Sie sich in dieser Situation gewünscht?
Unterstützung und Gespräche mehrerer Kollegen, damit die Betroffene sowas nicht erleben muss.
Welche Veränderungen in Ludwigsburg oder allgemein in der Gesellschaft wünschen Sie sich, um solche Erfahrungen zu vermeiden?
Leben und leben lassen!!!!
Ich in normalem Ton: „Wo habe ich Sie getroffen? Und ich bin keine Chinesin.“
Mir wird oft „Ni hao“ gesagt, aber das ist kein großes Problem. China, Korea, Japan, Taiwan, Hongkong – sie sehen alle ähnlich aus, und ich kann den Wunsch verstehen, eine Fremdsprache zu verwenden.
Eine junge Dame hat mir gesagt : „Ich kenne Sie. Ni hao“
Ich in normalem Ton: „Wo habe ich Sie getroffen? Und ich bin keine Chinesin.“ Sie grinste nur. Als sie dann aus dem Bus stieg, drehte sie sich zu mir um und sagte „Tschüss, ni hao“ und ging mit ihrer Freundin lachend davon. Jetzt, wo sie aus dem Bus ausgestiegen waren, konnte ich nicht sagen, dass es eine beleidigende Haltung war.
Wie haben Sie sich dabei gefühlt und welche Auswirkungen hatte das Erlebnis für Sie?
Was mir richtig genervt war, war, dass mein Kind bei mir war. Wie fühlte sich mein Kind dabei? Wenn diese junge Dame ein Kind im Grundschulalter gewesen wäre, könnte ich es verstehen.
Ist es so, als würde man einen Deutschen auf Niederländisch begrüßen? Zunächst einmal sollte man, wenn man mit einem Fremden spricht, grundsätzlich einfach neutral Hallo sagen.
Wo haben Sie diese Erfahrung gemacht? (z. B. Arbeitsplatz, Schule, öffentlicher Raum, Behördengang, Bus)
Bus.
In welchem Jahr oder Zeitraum fand die Erfahrung statt?
Dezember, 2024.
Möchten Sie uns noch etwas mitteilen?
Wer kann definieren, was Diskriminierung ist? Im Moment sind es Universitätsprofessoren und europäische Politiker, die dies tun.
Ich persönlich halte es nicht für sinnvoll, dass jeder von Definitionen beeinflusst wird, die von Akademikern stammen, die noch nie Diskriminierung erlebt haben.
Ich war mit meiner 2-jährigen Tocher (mixed) auf dem Spielplatz hinter dem McDonalds in der Stadt. Meine Tochter kletterte auf die Holzlokomotive als ein etwa 4-5 jähriger Junge angerannt kam und zu ihr sagte, dass hier keine schwarzen Kinder spielen dürfen. Ich war so perplex, dass ich erstmal nachgefragt habe, was er denn eben gesagt hat. Laut und überzeugt von der Richtigkeit dieser Aussage wiederholte er, dass hier keine schwarzen Kinder spielen dürfen! Ich erklärte bestimmt, dass dies ein Spielplatz für ALLE Kinder sei. Für schwarze, braune, gelbe, bunte…und veruchte die Situation kindgerecht zu entschärfen. Eine andere Mutter, dessen Kind auch in der Lokomotive saß, stand keine 2 m von mir entfernt, sagte gar nichts und schaute zur Seite.
Wie haben Sie sich dabei gefühlt und welche Auswirkungen hatte das Erlebnis für Sie?
Schockiert, beleidigt, ausgegrenzt. Traurig und wütend über Erziehungsberechtigte, die ihren Kindern derartige Haltungen/Werte/Weltbilder vermitteln. Traurig und wütend, dass meine Tochter schon mit 2 Jahren rassistische Erfahrungen machen muss. Seit diesem Erlebnis befasse ich mich noch mehr mit der Thematik, besonders im Hinblick auf Empowerment meiner Tochter.
Wo haben Sie diese Erfahrung gemacht? (z. B. Arbeitsplatz, Schule, öffentlicher Raum, Behördengang, Bus)
Kinderspielplatz.
In welchem Jahr oder Zeitraum fand die Erfahrung statt?
2020.
Was hätten Sie sich in dieser Situation gewünscht?
Unterstützung von der nebenstehenden Mutter. Auch ihr Kind wurde ja mit diesen Aussagen konfrontiert und übernimmt diese vielleicht. Zudem hat sie eine Vorbildfunktion.
Welche Veränderungen in Ludwigsburg oder allgemein in der Gesellschaft wünschen Sie sich, um solche Erfahrungen zu vermeiden?
Schwierig zu sagen. Natürlich mehr Toleranz, Offenheit und auch Interesse an „Andersartigkeit“.